Die Hamburgische Bürgerschaft soll morgen unter Ausnahmebedingungen eines der größten Bauprojekte der letzten Jahrzehnte beschließen, die Verlegung des Bahnhofs Altona nach Diebsteich. Außergewöhnlich sind dabei nicht allein die Umstände wegen des Corona-Virus, sondern auch das Ausmaß, in dem die bisherigen und wohl auch zukünftigen Senatsparteien ihr Wort brechen und das Parlament überrumpeln. „Noch in der letzten Plenarsitzung vor der Wahl hatten SPD und Grüne einen ersten Beschluss durchgepeitscht, mit dem Mega-Projekt zu beginnen“, erinnert die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, Heike Sudmann.
„Immerhin hatten sie damals, es war ja noch Wahlkampf, versprochen, vor einem zweiten Beschluss der Bürgerschaft die Beratung im Fachausschuss zu ermöglichen– nur das würde dem Projekt die nötige Legitimation verschaffen. Und jetzt soll die Bürgerschaft wieder ohne Fachberatung abstimmen, wieder wird ohne Zeit zur angemessenen Prüfung den Abgeordneten ein Gutachten vor den Latz geknallt.“
Hatten SPD und Grüne im Antrag vom Februar (Drs. 21/19943) noch erklärt, es sei „angesichts der Tragweite der Inhalte unabdingbar“, nach der Wahl „die zuständigen Ausschüsse […] umfassend zu beteiligen und mögliche Fragen […] zu klären“, soll die Bürgerschaft morgen mit dem Antrag Drs. 22/37 dem Senat erneut grünes Licht geben und ihn lediglich auffordern, „eine umfassende Einbindung der Bürgerschaft zu gewährleisten und daher fortlaufend über den Sachstand zu berichten“. „Hinterher berichten ist nicht einbinden, die zuständigen Ausschüsse sind nach wie vor nicht beteiligt und noch längst sind nicht alle Fragen geklärt. So soll ganz nebenbei der Bahnhof Dammtor für den Fern- und Regionalverkehr entfallen“, kritisiert Sudmann. „Es ist eine Schande, dass die beiden größten Parteien direkt nach der Wahl das Parlament derart entmachten wollen. Legitimation für das umstrittene Mega-Projekt bekommen sie so höchstens formal. Unter demokratischen Gesichtspunkten ist dieses Vorgehen eine schwere Entgleisung.“
Daher fordert DIE LINKE in einem Zusatzantrag (PDF) zur morgigen Sitzung erneut, keine Entscheidung der Bürgerschaft zu fällen, ohne vorher in den zuständigen Fachausschüssen beraten zu haben.