In den laufenden Haushaltberatungen in der Hamburger Bürgerschaft für die Jahre 2021 und 2022 haben Heike Sudmann und die Linksfraktion zahlreiche Anträge eingebracht, mit denen sie auf Verbesserungen in den Bereichen Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr drängen. Bereits im aktuellen Bürger:innen-Brief hatte Heike Sudmann die rot-grüne Senatspolitik scharf kritisiert und entsprechende Änderungen gefordert. Die Anträge sind nun hier online.
Hier sind die Haushaltsanträge als PDF zum download:
- Wohnungsgenossenschaften
- Sozialwohnungen
- Saga-Ueberschuesse
- Erbbaurecht
- OeffentlicherRaum
- BürgerInnenBüro
- Beiräte
- Mobilitätswende HVV- Ausbaubau
- Klimabedrohung 1 Radverkehr
- Klimabedrohung2 Investitionsoffensive
- Mobilitätswende Preiswende HVV
Hier noch mal aus dem letzten Bürger:innen-Brief der Beitrag zur Kritik und zu den Zielen der Anträge zu Verkehr, Stadtentwicklung und Wohnen:
Geld für Verkehr – Stadtentwicklung – Wohnen
Heike Sudmann über Forderungen an den Doppelhaushalt 2021/2022
Neue grüne Verkehrsbehörde mit viel altem Wein in alten Schläuchen
In dieser Legislaturperiode gibt es etwas Neues: eine Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM). An der Spitze der Behörde stehen zwei Grüne, Senator Anjes Tjarks und Staatsrat Martin Bill. Der eine oder die andere hat bestimmt gedacht, wenn die Grünen das machen, können sich die Freund:innen einer ökologischen Verkehrspolitik entspannt zurücklehnen. Doch die Realist:innen wussten schon früh, dass auch mit den Grünen weiterhin Autobahnen gebaut werden (A26 Ost) und eine Neuaufteilung des Straßenraumes zugunsten von Fuß, Rad, Bus und Bahn nicht kommt.
Ob das Radfahren (noch) das Lieblingsthema der Grünen ist, weiß ich nicht. Klar ist, dass sie während der Corona-Pandemie nicht die Chance genutzt haben, mit vielen kurzfristig errichteten Radfahrstreifen auf bisherigen Autospuren (sog. pop up bikelanes) bessere Bedingungen für den Radverkehr zu schaffen. Dabei hätte ein Blick nach Berlin genügt, um zu wissen, wie das geht. Gereicht hätte natürlich auch, wenn sie unseren Antrag aus dem Frühjahr 2020 angenommen hätten (Drs. 22/114: »Platz (ist) da – für mehr Fuß- und Radverkehr in Corona-Zeiten«, www.buergerschaft-hh.de/parldok/vorgang/ 63941) Hinsichtlich des Haushalts 2021/22 fordern wir, für den Ausbau der Velorouten den Bezirken deutlich mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Die Veloroute 6 soll im Bereich Lerchenfeld und Wagnerstraße nach holländischem Vorbild eine Unterführung erhalten, damit die Radfahrenden für die Querung dieser hochbelasteten Straßen nicht mehr so lange an Ampeln warten müssen. Daraus könnte dann ein Vorbild für andere wichtige Radrouten werden.
Im Zuge der Erweiterung des Hauptbahnhofes und der Überplanung seines Umfelds wollen wir an der südlichen und nördlichen Seite Fahrradparkhäuser mit jeweils 5.000 Stellplätzen errichten.
Mehr Busse und Bahnen können das Ziel des Hamburger Klimaplans, bis zum Jahr 2030 den Anteil der zurückgelegten Wege – modal split – mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) um acht Prozent zu steigern, realisieren helfen. Dafür müsste die Zahl der Fahrten mit dem ÖPNV um 50% steigen. Dazu passt jedoch nicht, dass die großen und teuren U-Bahn-Projekte (U5, U4-Verlängerung) erst weit nach 2030 fertig werden sollen. Schneller und kostengünstiger ist der Bau einer Stadtbahn/Tram zu schaffen. Daher fordert DIE LINKE, jetzt mit der Planung eines Stadtbahnnetzes zu beginnen und die ersten 50 Kilometer bis zum Jahr 2030 fertigzustellen.
Ein Großteil der Pendler:innen kommt aus dem Süden Hamburgs. Vor allem für diese brauchen wir endlich eine zweite Elbquerung auf der Schiene. Damit kann eine S-Bahn-Verbindung von Hausbruch/Neugraben nach Altona geschaffen werden (eine Forderung, die viele Verkehrsinitiativen schon in den 80er Jahren des letzten Jahrtausends anstelle der vierten Elbtunnelröhre erhoben hatten).
Die Mobilitätswende für Hamburg braucht auch eine Preiswende beim HVV. Deshalb werden wir nicht müde, auch für den Haushalt 2021/22 eine Fahrpreisreduzierung und den Einstieg in das 365-Euro-Jahresticket zu beantragen. Dem folgt im nächsten Schritt der fahrscheinlose, für die Nut- zer:innen kostenlose HVV.
Die »Straße zurückgewinnen« ist ein weiterer Aspekt unserer Haushaltsanträge. Mittlerweile können nur noch alte Menschen erzählen, wie es war, als Kinder noch auf der Straße spielten, als die Autos noch nicht den Stadtraum do- minierten. Wie der öffentliche Raum neu aufgeteilt, wie Platz für Fußgänger:innen, für Erholung und Entspannung geschaffen werden kann, soll nach unseren Vorstellungen mit einer Studie untersucht werden. Diese soll auch explizit die Abstellflächen für private Pkw mit aufs Korn nehmen. Gerade habe ich übrigens ein Plädoyer dafür gelesen, nicht mehr von Parkplätzen, sondern von »Autolagerflächen« zu sprechen. Schließlich werden die Autos mehr als 23 Stunden am Tag dort einfach nur gelagert.
Immer noch zu wenig leistbare Wohnungen, immer noch keine echte Bürger:innenbeteiligung
Hätte ich nicht im Laufe der Jahre gelernt, dass DIE LINKE mit ihren Anträgen und Bürgerschaftsdebatten doch was bewirkt, würde ich bei den Haushaltsanträgen verzweifeln.
Seit DIE LINKE in der Bürgerschaft ist, fordert sie, mehr Sozialwohnungen zu bauen. Zu Anfang haben die anderen Parteien das noch milde belächelt und sich gefragt, wo denn das Problem sei. Mittlerweile ist allen aufgegangen, dass es in Hamburg viel zu wenig Sozial- und leistbare Wohnungen gibt. Doch die Vorschläge der anderen, besonders natürlich von SPD und Grünen, greifen – immer noch – zu kurz. 2011 ist die SPD mit 1.000 geförderten Neubauwohnungen jährlich gestartet, jetzt sind es 3.000. Doch das ist immer noch zu wenig, da in den letzten elf Jahren viel mehr Sozialwohnungen aus der Bindung gelaufen sind als neugebaut wurden. Die Zahl der neu zu bauenden Sozialwohnungen muss mindestens verdoppelt werden, damit wenigstens die anspruchsbe- rechtigten Haushalte versorgt werden können. Die Beschränkung auf eine »soziale Zwischennutzung« für einen Zeitraum von 30 Jahren bei einer dreimal so langen Lebensdauer der Wohngebäude muss beendet werden. Wir fordern, die 30jährige Miet- und Belegungsbindung durch den Grundsatz »Einmal gefördert, immer gebunden« zu ersetzen.
Leistbare, günstige Wohnungen neben den Sozialwohnungen gibt es auf dem Hamburger Wohnungsmarkt vor allem bei den Genossenschaften. Damit dieses günstige Wohnungssegment erweitert werden kann, beantragen wir eine Förderung von gemeinwohlorientierten Genossenschaften. So sollen sie Unterstützung beim Erwerb von Bestands- wohnungen erhalten und bei der Vergabe von städtischen Grundstücken im Erbbaurecht bevorzugt werden. Und apropos Erbbaurecht. Der Senat hat zwar 2019, wenige Monate vor der Bürgerschaftswahl, verkündet, dass er nunmehr verstärkt die städtischen Grundstücke im Erbbaurecht vergeben will. Doch er hat sich selbst viele Schlupflöcher geschaffen. Deutlich wird das im Haushaltsplanentwurf, der für die Jahre 2021 und 2022 den Anteil des Erbbaurechts bei der Grundstücksvergabe nur auf 20 bzw. 25% festlegt. DIE LINKE hat sich schon immer gegen den Verkauf von städtischen Grundstücken ausgesprochen, deshalb fordern wir die Erhöhung des Anteils auf 100%.
In einem weiteren Antrag wollen wir verhindern, dass die SAGA Überschüsse an die Stadt abführt. Das städtische Wohnungsunternehmen hat im letzten Jahr knapp 25 Mio. € aus ihren Überschüssen an die Stadt abgeführt. Damit hat die Stadt einen »Stadtentwicklungsfonds Lebendige Quartiere« (Drucksache 22/1916) gebildet, der für die Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität in Großwohnsiedlungen genutzt werden soll. Klingt gut, aber: Warum sollen die SAGA-Mieter:innen, die mit ihren Mieten diese Überschüsse überhaupt erst erzeugt haben, für einen Stadtentwicklungsfonds zahlen? Die Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität ist eine öffent- liche Aufgabe der Stadt und keine der SAGA-Mieter:innen. Deshalb fordern wir die ersatzlose Streichung dieser Abführung. Mit zwei Anträgen widmen wir uns dem Thema Beteiligung. Zum wiederholten Male weisen wir auf die Arbeit der Quartiers- und Stadtteilbeiräte hin. Sie sind nicht nur ein wichtiger Teil von Bürger:innenbeteiligung, sondern können auch einen Beitrag gegen Politikverdrossenheit leisten. Obwohl in Sonntagsreden der Regierungsfraktionen diese Arbeit gelobt wird, gibt es keine auch nur ansatzweise ausreichende und vor allem verlässliche Förderung der Beiräte. Aus diesem Grund versuchen wir auch im Haushalt 2021/22, SPD und GRÜNE mit einem Antrag zur Bereitstellung von jährlich 1 Mio. € für die Beiräte zu bewegen.
Ganz neu ist die Idee eines unabhängigen Bürger:innen-Büros, das als Anlauf- und Clearing-Stelle für Informationen, Transparenz und Konfliktbearbeitung in der Stadt(teil)entwicklung agieren soll.
Vielen (Groß)Projekten in der Stadt ist eins gemeinsam:
- Die Beteiligung erschöpft sich in mal mehr, mal weniger In- formationen, die preisgegeben werden.
- Eine Änderung von Planungen findet fast nie statt.
- Den Kritiker:innen wird vorgeworfen, dass sie nur vor ih- rer Haustür oder in ihrem Hinterhof keine Veränderungen haben wollen und sich also aus rein egoistischen Gründen wehren würden.
- Das war und ist so bei der Aufstockung des Bunkers in der Feldstraße, beim »Paulihaus«, bei der Sternbrücke, bei der Schiller-Oper, beim Elbtower, beim Elbdome, beim Schul- campus und Überseequartier in der HafenCity, beim Pro- jekt Oberbillwerder, bei der Beiersdorf-Erweiterung, bei den Kleingärten am Diekmoor und und und …
Während die Stadt zig Fachleute (Stadtplaner:innen, Ju- rist:innen, Wirtschaftsberater:innen u.a.) auffährt, müssen die Bürger:innen sich ehrenamtlich einarbeiten, sich (weitere) Informationen beschaffen und selbst fortbilden. Dieses Engagement führt immer wieder zu tollen Alternativplanungen, zu Lösungen, deren Realisierung der Stadt als Ganzes gut tun würde.
Das niedrigschwellige Bürger:innenbüro soll von Bürger:innen bei lokalen Auseinandersetzungen über geplante Projekte in Anspruch genommen werden können. Die Schaffung von Informationen und Transparenz gehört ebenso zur Aufgabe des Büros wie die Klärung von Konfliktfällen, in denen alle Beteiligten an einen Tisch geholt werden.
Die Mitarbeiter:innen des Büros bekommen ein Vortragsrecht bei allen behördlichen Stellen bis zur Ebene der Senator:innen sowie in den Bezirksversammlungen und ihren Ausschüssen eingeräumt. Behörden und Bezirksämter sind gegenüber dem Büro informations- und auskunftspflichtig.
Mit einem solchen Bürger:innenbüro wird ein starkes Zeichen für die Bürger:innenbeteiligung gesetzt werden. Zudem eröffnet eine solche Stelle die Möglichkeit, Konflikte in der Stadt(teil)entwicklung konstruktiv zu bearbeiten und zu lösen.
Ein Gedanke zu „#Reicht(t)füralle: Linke Haushaltsanträge 2021/22 zu Verkehr, Stadtentwicklung und Wohnen“
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